Die Stiftung Klang.Licht.Raum und das Museum DASMAXIMUM trauern um Heike Friedrich (*14.4.1938 – 28.12.2023), Zwillingsschwester des Kunstmäzens und Museumsgründers Heiner Friedrich, und ihren Lebenspartner Uli Schägger (*16.07.1949 – 24.12.2023), die letzte Woche innerhalb weniger Tage an ihrem gemeinsamen Wohnort in Polling (bei Weilheim) verstorben sind.

Heike Friedrich und Uli Schägger vor dem von ihnen gestifteten Warhol-Porträt im Museum DASMAXIMUM. © The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. Artists Rights Society (ARS), New York, Foto: DASMAXIMUM

Heike Friedrich wuchs mit ihren zwei Brüdern Holger und Heiner zunächst in Stettin, Berlin und später Oberbayern auf, wo ihr Vater Harald Friedrich 1945 in Altenmarkt die Firma Alzmetall gegründet hatte. Während Heiner Friedrich bereits 1963 in München eine Galerie für zeitgenössische Kunst eröffnete und ab 1972 vorwiegend in Nordamerika für die Kunst wirkte, war Heike Friedrich über viele Jahre hinweg in München in der Jugendarbeit und der psychologischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen aktiv, bevor sie gemeinsam mit Uli Schägger und ihrer Stiftung Klang.Licht.Raum das Dream House in Polling, einen in Deutschland einzigartigen Ort für zeitgenössische Kunst, ins Leben rief. Eine Reise in den neunziger Jahren zu Kunstorten in den USA wie dem Lightning Field von Walter De Maria in New Mexico oder der Chinati Foundation von Donald Judd in Marfa, die durch die von Heiner Friedrich mitbegründete DIA Art Foundation zu Meilensteinen der zeitgenössischen Kunst geworden sind, führte Heike Friedrich und Uli Schägger auch in das Dream House von La Monte Young und Marian Zazeela in New York.

Das Künstlerpaar hatte mit diesem begehbaren Gesamtkunstwerk aus Klang, Licht und Raum einen Ort geschaffen, an dem alle Sinne angesprochen und die Grenzen zwischen bildender Kunst und Musik aufgehoben werden. Mit seinen Musikstücken, deren Kompositionen auf einer erweiterten Zeitdauer, reiner Stimmung oder komplexen mathematischen Berechnungen beruhen, galt La Monte Young als Pionier der zeitgenössischen Musik. Tief beeindruckt von diesem „Sound and Light Environment“ eröffneten Heike Friedrich und Uli Schägger 2001 das weltweit einzige weitere Dream House.

La Monte Young vor „The Well Tuned Piano in the Magenta Lights“ im Dream House Polling, 2011, Foto: Marian Zazeela, (c) La Monte Young und Marian Zazeela

Nach intensiver Suche fanden sie in der Gemeinde Polling, etwa 60 km südlich von München, den zu einem großen barocken Klosterkomplex gehörigen Regenbogenstadl, ein ehemals landwirtschaftlich genutztes Gebäude. Dieses ließen sie nach den Vorgaben der Künstler umbauen, die später selbst mehrfach zu Konzerten in Polling zu Gast waren.Polling war seit Jahrhunderten ein kulturelles Zentrum und Ort der klösterlichen Lehre und Forschung. Diese Geschichte, die herausragenden Bauwerke aus der Zeit des Barock sowie die reizvolle umgebende Landschaft bilden seither ein einzigartig stimmiges Umfeld für das dauerhaft eingerichtete Werk von La Monte Young und Marian Zazeela. Das Dream House lädt Besucher ganzjährig ein, die visuellen und akustischen Eindrücke intensiv aufzunehmen und bei wiederkehrenden Besuchen über Jahre und Jahreszeiten hinweg Veränderungen zu erkennen und die eigene Wahrnehmung zu reflektieren. Zu den Öffnungszeiten am Wochenende hießen Heike Friedrich und Uli Schägger die Besucher bis vor Kurzem selbst willkommen und setzten sich unermüdlich für die ungestörte Erfahrung des Kunstwerks in der weitläufigen Abfolge von Räumen ein. Über die Jahre organisierten die beiden eine Vielzahl an Konzerten, öffentlichen Proben oder Symposien, zuletzt ein Konzert zu Heike Friedrichs 85. Geburtstag im April 2023.

Die Konzentration auf das Kunstwerk und die eigenständige Erfahrung des Besuchers stehen im Dream House ebenso im Zentrum wie in dem von Heiner Friedrich 2011 gegründeten Museum DASMAXIMUM KunstGegenwart in Traunreut, das Heike Friedrich von Anbeginn begleitet und gefördert hat. Ihre besondere Verbindung zum Museum bekräftigte sie 2019 mit der großzügigen Schenkung eines 1966 von Andy Warhol geschaffenen Selbstporträts, das sie ursprünglich von ihrem älteren Bruder Holger erhalten hatte, der bereits 1971 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen war. Dadurch erweiterte sich der bestehende Schwerpunkt mit Arbeiten Warhols aus den 1980er Jahren um ein hervorragendes Werk der früheren Jahre.

Heike Friedrich (li) und Michael Jarnach zur „Eichenpflanzung zu Ehren von Joseph Beuys“ 2022 in Polling. Foto: B. Theodorff

2017 haben Heike Friedrich und Uli Schägger wesentlich dazu beigetragen, dass Dan Flavins monumentales Werk Untitled, 1970, eine ca. 30 Meter lange Barriere aus rotem und blauem Fluoreszenzlicht, im barocken, von Michael und Dorothea Jarnach betriebenem, Fischerbau in Polling, einem ehemaligen Bierkühlhaus des Klosters, einen dauerhaften Aufstellungsort fand. Flavins Lichtkunst führt in bahnbrechender Weise die Geschichte des Klosterortes, die ihm innewohnende Auseinandersetzung mit Spiritualität und christlicher Lichtmetaphysik in die Gegenwart. Noch im April 2022 verwirklichte Heike Friedrich eine „Eichenpflanzung zu Ehren von Joseph Beuys“ vor den Toren der historischen Klosterkirche, ein von ihrem Bruder Heiner Friedrich angestoßenes Projekt des Museums DASMAXIMUM, das Joseph Beuys´ Aktion „7000 Eichen. Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ zur documenta7 1982 in Kassel würdigt. Damit reihte sich Polling ein in ein mittlerweile mehr als vierzig Pflanzorte umfassendes deutschlandweites Netzwerk, das Joseph Beuys´ Idee der Sozialen Plastik weiter trägt.

Heike Friedrichs und Uli Schäggers großer Wunsch das Dream House mit dem Museum DASMAXIMUM zu verbinden und so eine zentrale Institution für die in den Raum greifende amerikanische Kunst der 1960er zu schaffen, wird sich nun leider erst nach ihrem Tod erfüllen.

Ab 13. Januar 2024 ist das Dream House im Regenbogenstadl in Polling wieder zu seinen regulären Winteröffnungszeiten Samstag, von 15 – 17 Uhr geöffnet. http://www.regenbogenstadl.de/